Wie ist dieses CD Programm entstanden?
Die Einladung in die Alte Kirche in Flüelen war mit der Auseinandersetzung mit dem Konzept der Ausstellung „wennwärts“ verbunden. In diesem Konzert, geplant als Finissage der Ausstellung der Künstlerinnen Daniella Tuzzi, Katrin Odermatt und Karin Mairitsch, entstand für das Publikum die einmalige Gelegenheit unterschiedlichste Umsetzungen des Themas nicht nur in der bildenden Kunst, sondern auch in der Musik wahrzunehmen.
„In welche Richtung deutet unser Denken in Momenten, in denen wir uns in «Wenn»-Sätzen verlieren? Sind wir, wenn wir verstrickt in Wünschen, im Glauben und in Hoffnungen sind, noch hier oder womöglich längstens schon an einem anderen Ort, einem anderen Zustand oder in einer anderen Zeit, wo Sehnsüchte gestillt, Hoffnungen erfüllt und der Glaube Wahrheit werden? In Folge: Welche transformative Kraft hat das «Wenn»? Ist es wie ein Feuer, das das Gegenwärtige verschlingt und in ein anderes Sein wandelt, ist es ein Licht, das uns den Weg weist? Die Ausstellung «wennwärts» befasst sich mit Schaurichtungen und befragt Transformationsprozesse und Möglichkeitsformen. „
Um das Publikum von Anfang an bewusst auf Neuland einzustimmen, gab es kein gedrucktes Programm und keine Konzertpause. So entstand eine klare Atmosphäre, die die Präsenz des Hörens in den Mittelpunkt stellte. Zusammen mit der Konzentration auf die Musik und den Raum, den die Musik kreiert, wird zudem der umgebende bildnerische Raum neu wahrgenommen. Auf diese Weise entsteht ein neues synästhetisches Gesamtgefüge, das den Zuhörern neue Erfahrungswege öffnet.
Für einen Teil des Konzertes wählte ich neun Präludien aus dem Wohltemperierten Klavier von J. S. Bach. Diese Präludien sehe ich nicht nur als funktionsgebundene Vorspiele, sondern als eigenständige Kompositionen. Eine wichtige Inspiration dabei waren die Forschungsergebnisse der Musikwissenschaftlers Reinhard Böß zum WTK von Bach. Er zeigt dabei auf, warum die Präludien und Fugen nicht in der gedruckten chromatischen Reihenfolge gespielt werden sollten, sondern in verwandtschaftlichen Tonarten kombiniert. In diesem Sinne traf ich die Auswahl der Tonarten. Um mit der Wirkung der Klangfarben zu experimentieren spielte ich die Präludien ein zweites Mal in umgekehrter Reihenfolge zur ersten Folge. Es dient als Einladung scheinbar Vertrautes anders zu hören, gleich einem Gang durch die Ausstellung, in der ein Bild durch verschiedene Perspektiven und Eindrücke von den benachbarten Kunstwerken immer wieder neu in der eigenen Wahrnehmung erscheint.
Als zweite Werkauswahl entschied ich mich für eigene freie Improvisationen. Diese entstanden bei mir aus dem Moment des Augenblicks und dem puren inneren Hörens folgend. Auch das Publikum wusste nicht mehr wie ich, nämlich dass es vor und nach dem Bach Improvisationen geben wird – weder die Dauer noch die Anzahl waren bekannt. Die für die CD gewählten Titel „ Flüelen improvviso 1-9“ spiegeln dieses Unerwartete, das im Moment absichtslos Entstandene.
Für die Vorbereitung auf das Konzert hatte ich das Glück fast eine Woche jeden Tag in der Alten Kirche in Flüelen zu sein. Diese Einstimmung auf den Raum und den Flügel in Verbindung mit den ausgestellten Werken, dazu in den Arbeitspausen den Vierwaldstätter See und die Berge unmittelbar zu erleben, war sehr besonders. Um diese Einzigartigkeit zu benennen, wählte ich den Titel der CD „Flüelen live“.
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Titelbild: Ausschnitt aus der CD Cover Graphik von Karin Mairitsch https://karinmairitsch.com